Einer der letzten Workshops, die ich geleitet habe, war mit einem internationalen FĂŒhrungsteam â bestehend aus Mitgliedern mit vier verschiedenen Muttersprachen. Ihre gemeinsame Arbeitssprache: Englisch. So, wie es in der globalen Arbeitswelt inzwischen oft der Fall ist.
Als ich im Raum stand und beobachtete, wie die Gruppe miteinander arbeitete, wurde mir plötzlich klar: Wir mĂŒssen unser VerstĂ€ndnis von interkultureller Kompetenz ĂŒberdenken!
Es reicht nicht mehr, sich nur mit kulturellen Unterschieden auszukennen â wer direktes Feedback bevorzugt, wer Hierarchien schĂ€tzt oder wer erst eine Beziehung aufbaut, bevor es ums GeschĂ€ft geht. Diese Erkenntnisse sind wertvoll, keine Frage. Aber in der heutigen, vernetzten Welt geht es um etwas viel Wichtigeres.
Die wichtigste interkulturelle FĂ€higkeit: Selbstwahrnehmung
WĂ€hrend des Workshops kam mir immer wieder ein Gedanke: "FrĂŒher dachte ich, interkulturelle Kompetenz bedeutet, kulturelle Normen zu studieren. Doch je mehr ich mit globalen Teams arbeite, desto klarer wird: Der wichtigste SchlĂŒssel liegt darin, mich selbst zu verstehen."
Und genau das ist der Punkt.

Die besten interkulturellen FĂŒhrungskrĂ€fte und Teamplayer sind nicht unbedingt diejenigen, die Hofstedes Kulturdimensionen erklĂ€ren oder The Culture Map in- und auswendig kennen (auch wenn diese Modelle sehr hilfreich sein können). Es sind diejenigen, die:
âïž ihre eigenen Werte, Annahmen und blinden Flecken reflektieren,
âïž verstehen, wie sie unter Druck oder Unsicherheit reagieren,
âïž neugierig bleiben, anstatt vorschnell zu urteilen,
âïž ihren FĂŒhrungs- und Kommunikationsstil flexibel anpassen, ohne sich zu verbiegen.
Interkulturelle Dynamiken in Teams: Die eigentliche Herausforderung
Wenn ich mit FĂŒhrungsteams arbeite, ist kulturelle Vielfalt immer Teil des Raums â aber selten das eigentliche Thema. Mein Job ist es in der Regel nicht, âinterkulturelle Kompetenzâ als separate FĂ€higkeit zu vermitteln, sondern Teams durch die GesprĂ€che, Strategien und Herausforderungen zu begleiten, die fĂŒr ihre Zusammenarbeit entscheidend sind. Die kulturellen Dynamiken sind dabei immer prĂ€sent â mal spĂŒrbar, mal subtil.
Oft wird interkulturelle Kompetenz als etwas âĂuĂeresâ betrachtet: Wie kommunizieren verschiedene NationalitĂ€ten? Wie gehen unterschiedliche Kulturen mit Hierarchien um? Welche FĂŒhrungsstile sind wo verbreitet? Doch aus meiner Erfahrung liegt die gröĂte Herausforderung nicht in den kulturellen Unterschieden selbst â sondern darin, wie wir auf sie reagieren.
Interkulturelle Zusammenarbeit bringt zwangslĂ€ufig Momente mit sich, in denen es hakt â nicht unbedingt, weil jemand etwas falsch macht, sondern weil Verhaltensweisen etwas in uns auslösen:
đč Warum macht mich jemandes Schweigen nervös?
đč Warum fĂŒhle ich mich ĂŒbergangen, nur weil ich unterbrochen wurde?
đč Warum fĂ€llt es mir schwer, direktes Feedback zu geben â oder es anzunehmen?
Der wahre SchlĂŒssel liegt nicht darin, kulturelle Unterschiede zu âkorrigierenâ, sondern die eigene Reaktion darauf besser zu verstehen.
Vom Reagieren zum bewussten Handeln: Tools fĂŒr mehr Selbstwahrnehmung
FĂŒhrungskrĂ€fte und Teams, die diese Herausforderungen reflektiert angehen wollen, können von bestimmten Methoden profitieren â wenn sie bereit sind, sich darauf einzulassen. Diese sind nicht immer zentraler Bestandteil meiner Workshops, aber ich bringe sie gerne ein, sofern sie relevant sind oder angefragt werden:
đ Zentrierung und Selbstregulation â FĂŒhrungskrĂ€ften helfen, innezuhalten, Emotionen bewusst wahrzunehmen und weniger zu reagieren sondern zu agieren und ihr Verhalten authentisch, aus einer starken Mitte heraus zu steuern. Gerade in multikulturellen Teams, wo das, was fĂŒr eine Person ânormalâ ist, fĂŒr eine andere irritierend sein kann, ist diese FĂ€higkeit entscheidend.
đ Aktives Zuhören â FĂŒhrungskrĂ€fte dazu ermutigen, GesprĂ€che bewusst zu verlangsamen, ihre eigenen emotionalen Reaktionen wahrzunehmen und anderen Gehör schenken und dafĂŒr explizit Raum geben, damit diese nicht ĂŒberhört werden â besonders wichtig in Englisch als Lingua Franca (ELF)-Settings, wo sich nicht alle mit der Sprache gleich sicher fĂŒhlen.
đ ReflexionsĂŒbungen â Teammitglieder dabei unterstĂŒtzen, zu erkennen, wann sie durch kulturelle Unterschiede getriggert werden, und Strategien zu entwickeln, um offen zu bleiben, anstatt sich zurĂŒckzuziehen oder defensiv zu reagieren.
Interkulturelle Kompetenz bedeutet nicht, eine Liste von âDos and Donâtsâ auswendig zu lernen. Es geht darum, prĂ€sent, offen und anpassungsfĂ€hig zu bleiben â denn genau das lĂ€sst Teams erfolgreich zusammenarbeiten.
Eine Karriere zwischen Kulturen
Vielleicht rĂŒhrt meine Leidenschaft fĂŒr dieses Thema aus meiner eigenen Geschichte:
đ Aufgewachsen in Asien und Portugal.
đ©đȘ Deutsche Eltern, aber keine âdeutschen Wurzelnâ â meine BerĂŒhrung mit Deutschland begann erst an der Uni.
đĄ Mein Leben lang zwischen Kulturen, IdentitĂ€ten und Denkweisen navigiert.
Deshalb bin ich ĂŒberzeugt: Interkulturelle Kompetenz beginnt nicht mit âden anderenâ. Sie beginnt bei dir.
âïž Wenn du deine eigene kulturelle Brille erkennst, kannst du andere Perspektiven besser verstehen.
âïž Wenn du Demut ĂŒber Gewissheit stellst, baust du Vertrauen ĂŒber kulturelle Grenzen hinweg auf.
âïž Wenn du ein Umfeld schaffst, in dem sich alle gehört fĂŒhlen, wird dein Team erfolgreich sein â egal, wie vielfĂ€ltig es ist.
Unser gröĂtes Potenzial: Unsere Unterschiede
Jeden Tag erlebe ich es in meiner Arbeit mit globalen Teams: Unsere Unterschiede sind keine Hindernisse â sie sind unsere gröĂte StĂ€rke. Gemeinsam schaffen wir Teams, die in ihrer Unterschiedlichkeit nicht nur funktionieren â sondern inspirieren und wirksam sind.
đĄ Und du? Hattest du schon einmal eine Situation in einem multikulturellen Team, in der du dich irritiert, verunsichert oder herausgefordert gefĂŒhlt hast? Wie bist du damit umgegangen? Ich bin gespannt auf deine Gedanken! đâš
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